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Inntaler Höhenweg

Juli/August 2020, Johanna von Unterrichter

31.07.2020

Der Inntaler Höhenweg folgt sechs Tage der Höhenlinie 2000 hoch über dem Inntal nach Westen, vom Kellerjoch zum Patscherkofel. Zwischen 1800 und 2800 m führt der „Inntaler“ durch die weitgehend unberührte, einsame Berglandschaft der Tuxer Alpen.

Die Corona-Pandemie veränderte auch unsere Vereinstouren: ein Großteil der Mehrtagestouren wurde abgesagt. Für diese Tour waren die Teilnehmer seit langem angemeldet, jedoch wurden die Hütten-Reservierungen aus der Zeit vor Corona verändert und so konnten nur weniger Mitglieder teilnehmen. Auch trauten sich einige der vorher angemeldeten wegen der Ansteckungsgefahr nicht mehr auf Hütten zu übernachten. Aus diesen Gründen unternahmen wir die Tour dann zu viert: Bettina, Gaby, Bahram und Johanna.

Mit dem Bus von Schwaz fuhren wir zunächst nach Pillberg-Grafenast, nachdem wir das Auto am Bahnhof von Vomperbach abgestellt hatten. Von dort ging‘s bei hohen Sommertemperaturen zur über 100 Jahre alten Kellerjoch-Hütte (2237 m), die seit 3 Jahren vortrefflich renoviert ist.

Nachmittags besuchten wir die Knappen-Kapelle am Gipfel des Kreuzjochs; der Weg hinauf ist neu versichert. Der Blick geht weit übers Inntal und nach Bayern und bis zum Alpenhauptkamm.

Der Weg am nächsten Tag wendet sich zunächst abwärts Richtung Hochfügen und später wieder aufwärts zum Zillertal und obwohl man sich in einem großen Winterskigebiet befindet, herrscht im Sommer dort eine selige Ruhe. Am Abend verdichteten sich die Wolken und das einzige Gewitter der Woche brachte etwas Abkühlung.

Durch die Wolken am nächsten Vormittag war die Fernsicht am Rastkogel (2762 m) leider eingeschränkt. Obwohl der Weg hoch oben in der Nähe des Grats verläuft, kommt man immer wieder an kleinen Seen und vielen Bächen vorbei. Die Blumenvielfalt ist sehr groß, auch seltenere Blumen wie blauer Speik oder Gletscherhahnenfuß sind anzutreffen.
Von der am tiefsten gelegenen Weidener Hütte folgt der „Inntaler“ dem Zentralalpenweg 02A über das Grafennsjoch zur Lizumer Hütte, wobei wir mittags noch den Abstecher zum Gipfel der Hippoltspitze einlegten. Weiter in stetem Auf und Ab, vorbei an kleinen Seen und vielen, vielen Blumen, durchquerten wir das Truppenübungsgelände und begegneten wenigen, meist jungen Leuten.
Besonders auf diesem Wegstück blickt man entweder übers Inntal zur Nordkette des Karwendels oder nach Süden auf den Zillertaler Hauptkamm, vor allem der Olperer und Hohe Riffler sind zum Greifen nah. Der Weitblick geht in Richtung Innsbruck bis in die Stubaier und Ötztaler, nach Südtirol, ins Zillertal und zum Wetterstein.
Auch die Lizumer Hütte war zwar gut besetzt, aber nicht voll. Am nächsten Tag war der Höhepunkt die Gratroute über die „Seven Tuxer Summits“, der längsten und schwierigsten Etappe des Weges, für die wir 10 Stunden unterwegs waren. Anfangs über Almwiesen mit Kühen, Pferden und Schafen, danach steiler und steiniger, ab und zu mit Drahtseilversicherung und leichter Kraxelei von einem Gipfel zum nächsten bis wir zum Schluss am Glungezer ankamen. Durch die hohen Temperaturen waren wir alle trotz genügend zum Trinken ziemlich erschöpft. Nach einer kurzen Erholungspause konnten wir dann die herrliche Aussicht von der Hütte (2600 m) und einen einmaligen Sonnenuntergang genießen. Am letzten Tag kam dann der Abstieg ins Tal, vom Patscherkofel bewältigten wir ihn – Corana-gemäß mit Maske- mit der neuen Seilbahn nach Igels, von dort mit Bus nach Innsbruck und Bahn zurück nach Vomperbach, wo wir im Bach unsere heißen Füße kühlten.

In dieser Woche bestiegen wir 12 Gipfel: Kellerjoch-Kreuzjoch (2344 m), Kuhmöser (2264), Rastkogel (2762 m), Hippoldspitze (2642 m), nördliche Schoberspitze (2448 m), Grafmartspitze (2720 m), Grünbergspitze (2790 m), Rosenjoch (2796 m), Kreuzspitze (2746 m), Gamslahnerspitze (2681), Glungezer (2677 m), Viggarspitze (2306 m). So kamen in der Woche 5600 Höhenmeter und 82 km zusammen.
Wir übernachteten auf 5 Hütten (Kellerjoch Hütte, Rastkogel Hütte, Weidener Hütte, Lizumer Hütte, Glungezer Hütte). Auf den Hütten wurde auf Abstand und Hygiene geachtet – auf jeder Hütte anders.

Wir waren auf allen Hütten die einzigen Senioren unter lauter jungen Leuten: wahrscheinlich traut sich wegen COVID19 keiner über sechzig mehr auf der Hütte zu schlafen. Es ist natürlich mühsam einen Schlafsack zusätzlich zum Hüttenschlafsack die ganze Woche mitzuschleppen. Der mitgebrachte Kopfkissenbezug passte selten zur Größe des Kissens, aber wir konnten uns behelfen. Leintücher wurden auf diesen Hütten gestellt. Zwischen den Lagern wurden im Matratzenlager variable Holztrennwände eingeschoben, je nach Bedarf: denn die Mitglieder einer Gruppe werden wie eine Familie behandelt und müssen untereinander keinen Abstand halten. Wenn wir im 4er-Zimmer schliefen, waren wir unter uns, im Matratzenlager sah das schon anders aus. Bei fast 80%iger Belegung und mit ca. 20 Personen in einem Lager, teilweise niedrig unter dem Dach, kann man eigentlich nicht von Sicherheitsabstand reden. In den Waschräumen war die Anzahl der Personen beschränkt, trotzdem hielten sich nicht alle daran. Beim Essen durfte nur je eine Gruppe an einen Tisch. Das Frühstück wurde mal an den Tisch gebracht, mal war es Selbstbedienung am Buffet und dort war nicht alles einzelverpackt, sondern umweltfreundlich aus größeren Behältern. Es gab keine Maskenpflicht, weder für Gäste noch für Personal. Obwohl sich alle Hütten in Tirol an die gleichen Vorschriften halten sollten, war die tatsächliche Durchführung dann sehr individuell. Auf einer Hütte musste jeder einen Meldebogen wie im Hotel ausfüllen mit Angabe der Personalausweisnummer, auf einer anderen genügte die vorherige Reservierung per email.

Wandern zu Corona-Zeiten ist eine besondere Erfahrung. Man geht reservierter miteinander um, hält Abstand, kommt dadurch auch weniger mit anderen Wanderern ins Gespräch. Die Hüttenwirte kümmerten sich -nach unserem Eindruck- mehr und besser um ihre Gäste als sonst, wir wurden überall besonders freundlich behandelt. Trotz anfänglicher Bedenken waren wir alle mit unserer Wanderwoche sehr zufrieden und haben sie toll genossen, wobei der Wettergott auf unserer Seite war und wir vor einer Ansteckung mit COVID19 bewahrt wurden. ▲ju